All-Wetter Portfolio - Ray Dalio
- Christian Heinrich
- vor 2 Tagen
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Das "All-Wetter-Portfolio" (All-Weather Portfolio) ist eine Anlagestrategie, die von dem berühmten Hedgefonds-Manager Ray Dalio und seiner Firma Bridgewater Associates entwickelt wurde. Das Ziel dieser Strategie ist es, unabhängig von den jeweiligen Marktbedingungen stabile Renditen zu erzielen und das Risiko von Verlusten zu minimieren.
Bekannt wurde sie über das Buch "Money - Die 7 Schritte zur finanziellen Freiheit" von Tony Robbins in dem er eine vereinfachte Strategie dieses Konzept veröffentlichte. Die genaue Formel des Portfolios wird von Bridgewater Associates geheim gehalten. Die vereinfachte Strategie unterscheidet sich deutlich von der Bridgewater Strategie. Risk Parity steuert explizit Volatilitätsbeiträge (inkl. taktischem Leverage und aktiver Durationsteuerung), während die bekannte Robbins-Variante eine statische, vereinfachte Zielallokation ohne Hebel ist.
Der Gedanke dahinter
Die grundlegende Philosophie dahinter ist die Annahme, dass der Markt vier mögliche "Wetterlagen" oder makroökonomische Umfelder kennt:
Wirtschaftliches Wachstum über den Erwartungen
Wirtschaftliches Wachstum unter den Erwartungen
Inflation über den Erwartungen
Inflation unter den Erwartungen (Deflation)
Dalio ging davon aus, dass ein Portfolio, das in jeder dieser Phasen gut abschneidet, unempfindlich gegenüber den kurzfristigen Schwankungen des Marktes wird. Der entscheidende Punkt ist die Risikoparität, nicht die Gleichverteilung des Kapitals. Das bedeutet, das Portfolio wird so gewichtet, dass jede Anlageklasse in etwa den gleichen Beitrag zum Gesamtrisiko leistet.
Ein wichtiges historisches Detail: Die Strategie entstand in den 1980er-Jahren, einer Zeit, in der die Inflation kontinuierlich zurückging und Zinsen langfristig sanken. Dieses Umfeld begünstigte Anleihen, sodass die damalige Version des All-Wetter-Portfolios hervorragend funktionierte. Mit der Zinswende ab 2021 veränderte sich diese Ausgangslage jedoch grundlegend.
Die vereinfachte Version
Die vereinfachte Version des All-Wetter-Portfolio, die sich wie folgt zusammensetzt:
Aktien (30 %): Dienen als Wachstumstreiber und sollen in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs Gewinne erzielen.
Langfristige Anleihen (40 %): Staatsanleihen mit langer Laufzeit (z.B. 20+ Jahre). Sie sollen das Portfolio in Zeiten fallender Zinsen, Rezessionen oder Deflation stabilisieren.
Mittelfristige Anleihen (15 %): Staatsanleihen mit mittlerer Laufzeit (z.B. 7-10 Jahre). Sie ergänzen die langfristigen Anleihen und bieten einen Ausgleich bei Zinsänderungen.
Gold (7,5 %): Dient als Schutz vor Inflation und als sicherer Hafen in Zeiten geopolitischer Unsicherheit.
Rohstoffe (7,5 %): Als weitere Absicherung gegen Inflation, da Rohstoffpreise oft mit steigenden Preisen korrelieren.
Diese Variante ist jedoch nur eine Annäherung. Die interne Bridgewater-Strategie basiert auf komplexen Risikoparitätsberechnungen, die in dieser vereinfachten Version nicht enthalten sind.
Für Privatanleger sind Produktwahl und Ausgestaltung entscheidend: Rohstoffe via breitem Index (Energie, Metalle, Agrar) mit Roll- und Kostenstruktur im Blick; Gold physisch besichert; Anleihen ggf. global und währungsgesichert; Aktien breit (Welt) und ggf. Small Caps/Quality als Faktorbeimischung.
Historische Performancedaten
Unser Backtest startet im August 2011 bis Juni 2024. In diesem Zeitraum hat das All-Wetter-Portfolio 6,8% Rendite pro Jahr erzielt, bei einem maximalen Verlust von 8,2% in einem Jahr. Hört sich im ersten Moment gut an. Wenn man es vergleicht mit dem FTSE-All-World, dann relativiert es sich. Der FTSE-All-World hat im gleichen Zeitraum 12,17% Rendite pro Jahr bei einem maximalen Verlust von 8,1% in einem Jahr.

Man kann zusammenfassen, dass der Ansatz des All-Wetter-Portfolios mit der Gestaltung dieser ETFs nicht die ursprünglich erhoffte Outperformance gegenüber einem simplen Aktienportfolio geliefert hat.
Problematik des All-Wetter-Portfolios
Die Problematik liegt an der Zusammenstellung. Der Gedanke, dass Anleihen unterschiedlich zu Aktien korrelieren war seit den 80iger Jahren gegeben, aber insbesondere im Jahr 2022 wurde das ganze ad-absurdum geführt.
Renditen in 2022:
Wertpapier | Rendite im Jahr 2022 in EUR[%] |
FTSE All-World (Aktienmarkt) | -13,10% |
Gold | 4,50% |
US-Staatsanleihen 20yr+ | -27,06% |
US-Staatsanleihen 7-10yr | -10,64% |
Rohstoffe | +24,73% |
Staatsanleihen, insbesondere langfristige, erfüllen im Umfeld steigender Zinsen nicht den Schutz, den man für dieses Portfolio eingeplant hat. Was man jedoch aus der Tabelle herauslesen kann, ist, dass Gold und Rohstoffe ihre Schutzfunktion sehr wohl erfüllten.
Daraus folgt eine zentrale Kritik: Die niedrige Aktienquote bremst die Renditen, während der große Anleiheanteil in Phasen steigender Zinsen das Risiko des Portfolios nicht wie geplant reduziert.
Wie sollte man ein All-Wetter-Portfolio gestalten?
Ein All-Wetter-Portfolio sollte grundsätzlich einen hohen Aktienanteil haben. Der Aktienanteil kann auch über Faktoren (Qualität, Momentum, Value, Small Cap, Low Volatilität, Emerging Markets) dargestellt werden. Aktien immer ohne Fremdwährungsabsicherung.
Langfristige Anleihen machen in einem Privatanleger Portfolio wenig Sinn und daher sollte man diese Anlageklasse meiden. In bestimmen Marktphasen können kurzfristige Anleihen sowohl Staatsanleihen als auch Unternehmensanleihen ergänzt werden. Sollten hier Fremdwährungsanleihen zum Einsatz kommen, dann sollten diese währungsbesichert sein.
Für Rohstoffe sollten ein breiter Index verwendet werden im besten Fall ein Index, der große Rollverluste vermeidet. Ein Index der sich hierfür eignet ist der Bloomberg Roll Select Commodity Index auf den es auch ETF's gibt.
Gold sollte in Form von physischen ETF's
Crypto kann ergänzt werden, jedoch in homöopathischer Dosis. Ich empfehle 0-5% und zwar die einzige Crypto-Währung mit Liquidität.
Grundsätzlich sind thesaurierend ETF's den ausschüttenden zu bevorzugen. Rebalancing sollte mindestens 1x im Jahr auf die definierte Allokation erfolgen. Dies führt zu antizyklischen Verhalten und reduziert Risiken.
Folgende Assetklassen machen Sinn zu ergänzen.
Aktien: 75%-90%
Gold: 0-15%
Bitcoin: 0-5%
Rohstoffe: 0-10%
Fazit
Das All-Wetter-Portfolio ist kein starres Rezept, sondern eine Philosophie der Risikostreuung über verschiedene ökonomische Regime. Es hat in den vergangenen Jahrzehnten stark von einem sehr aktienfreundlichen und zinsgünstigen Umfeld profitiert. Angesichts der aktuellen Weltlage – mit geopolitischen Spannungen, höheren Inflationsraten und schwankenden Zinsen – sollte es jedoch an die neuen Bedingungen angepasst werden.
Die Rendite der Anleihen durch ständig sinkende Zinsen sind vorbei.
Ein All-Wetter-Portfolio angewandt auf die heutige Zeit muss hauptsächlich aus Aktien bestehen. Gold, Bitcoin und Rohstoffe können beigemischt werden.